Die Vision hinter dem Projekt Rapid BOS für schnellere Einsatzfahrten durch intelligente Verkehrssteuerung
Wer schon einmal in einem Stau festgesteckt hat, weiß, wie frustrierend das Warten sein kann. Doch was, wenn es nicht nur um ein rechtzeitiges Eintreffen bei einem Termin geht, sondern um Leben und Tod? Für Rettungsdienste, insbesondere in Stoßzeiten, wird die vorgeschriebene Rettungsfrist von zehn Minuten oft zu einer enormen Herausforderung. Ein innovatives Projekt in Bad Hersfeld, gefördert aus dem Geschäftsbereich der Hessischen Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung, könnte die Lösung sein, die in vielen Städten Deutschlands benötigt wird.
Durch KI-Technologie Leben retten
Im Projekt Rapid BOS (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) wird mit der Freiwilligen Feuerwehr in Bad Hersfeld ein neuer Ansatz zur Einhaltung der Rettungsfrist demonstriert. Hierbei geht es um weit mehr als nur eine clevere App oder ein neues Navigationssystem. Es geht darum, eine Brücke zwischen unterschiedlichen verkehrsrelevanten Systemen zu schlagen.
Bei einem Alarm rücken Einsatzkräfte in zivilen Fahrzeugen zum Gerätehaus aus. Nach Alarmierung durch die Leitstelle bestätigt die Einsatzkraft per Handy ihre Teilnahme und kann ihren Standort freigeben. Die für das Projekt ausgewählte Routing-App NUNAV von Graphmasters GmbH leitet sie dann optimal zum Feuerwehrgerätehaus, wobei die ideale Geschwindigkeit und Route angezeigt werden, um durch eine "Grüne Welle" zu fahren. Bei erkannten Verkehrsbehinderungen an Lichtsignalanlagen (LSA) werden diese und benachbarte LSA so geschaltet, dass Rückstaus verringert werden, und dies geschieht, bevor die Einsatzkraft ankommt. Es handelt sich dabei nicht um eine spezifische Bevorrechtigung von Privatfahrzeugen, sondern um eine allgemeine Verkehrsoptimierung, um Staus aufzulösen und die Anrückzeiten zu verkürzen. Das zentrale LSA-Beeinflussungssystem leitet die dann ausrückenden Einsatzfahrzeuge durch die Erzeugung von Korridoren und gezielte Vorrangschaltungen in den Lichtsignalanlagen basierend auf Echtzeit-GPS-Daten schnell und sicher zum Einsatzort. Übermäßiger Rückstau an Lichtsignalanlagen nahe dem Feuerwehrgerätehaus kann das Einsatzgeschehen gefährden. Hier kommt das "Pförtner-LSA"-System zum Einsatz, das den Verkehr schon an den Stadtgrenzen dosiert und so Rückstau vermindert, um eine effiziente Hilfeleistung zu gewährleisten.
Ein Workshop zur Einführung der Routing-App NUNAV fand am 26. September 2023 in Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften der Feuerwehr und Projektpartnern der Firmen Graphmasters GmbH, Gevas software GmbH und AVT Stoye GmbH sowie dem Planungsbüro T+T statt. Hier wurde der Fokus klar auf die praktische Anwendung und die Umsetzung des Projekts Rapid BOS gelegt. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde nicht nur die Funktionsweise der App präsentiert, sondern sie wurden von Dr. Jonas Matthias und Alexander Meister (Graphmasters) auch in ihrer Einrichtung und Nutzung geschult. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Sensibilisierung der Einsatzkräfte, wie die App während der Anfahrt zum Feuerwehrhaus zur Optimierung der Anrückzeiten genutzt werden kann.
Anhand einer Simulation wurde die innovative Herangehensweise gezeigt, bei der durch gezielte Lichtsignalsteuerung der Verkehrsfluss an kritischen Knotenpunkten optimiert wird. Michael Schäfer (Gevas) lieferte dazu interessante Einblicke und präsentierte die konkreten Vorteile dieser Strategie für die Einsatzkräfte. Außerdem wurden die in zwei Feuerwehrfahrzeugen installierten On-Board-Units der AFUSOFT Kommunikationstechnik GmbH besichtigt. Diese wichtigen Komponenten des Projekts erfassen in Echtzeit die GPS-Position der Einsatzfahrzeuge und übertragen diese präzisen Daten direkt an den zentralen Verkehrsleitrechner. Dadurch wird eine kontinuierliche und dynamische Anpassung der Verkehrslage ermöglicht, um den Einsatzkräften eine optimale Route zum Einsatzort zu gewährleisten. Workshops wie dieser verdeutlichen das Engagement aller Beteiligten und zeigen, dass in der Kombination von Technologie und fachlichem Know-how echte Fortschritte im Rettungswesen möglich sind.
Die Effektivität und der Nutzen von Rapid BOS werden nicht nur vermutet, sie werden im Rahmen des Projekts durch Begleitforschung der Universität Kassel am Lehrstuhl für Kommunikationstechnik von Prof. Klaus David genau unter die Lupe genommen. Dies stellt sicher, dass die neuen Technologien und Strategien tatsächlich einen Mehrwert bieten und Leben retten können. Darüber hinaus zeigt die geplante Anbindung an den Datenraum Mobilithek des Bundes die Absicht, eine kohärente und vernetzte Infrastruktur für den gesamten Bereich der Rettungsdienste und darüber hinaus zu schaffen.
Mit Rapid BOS wird ein mutiger Schritt in Richtung eines modernen, datengesteuerten und integrierten Rettungsdienstes gemacht. In einer Zeit, in der Städte immer dichter bevölkert werden, komplexe Bauvorhaben zu infrastrukturellen Problemen führen und gleichzeitig das Verkehrsaufkommen kontinuierlich steigt, sind solche innovativen Ansätze nicht nur wünschenswert, sondern unerlässlich. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Projekt als Vorbild für andere Städte und Gemeinden in Hessen und darüber hinaus dient.
Ansprechpartner
Christian Klann
Clusterleitung Gesundheit
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